Das Theater leben: DIE HANDLUNG
95 Meditation. 1988
von Julian Beck
Erschienen in: Das Theater leben – Der Künstler und der Kampf des Volkes (05/2021)
Wie bildet man eine Massenbewegung?
Woher nimmt man die revolutionäre Vorhut? Der Widerspruch: aus der Gruppe der deklassierten Intellektuellen (normalerweise aufgeklärte Bourgeoisie), nicht aus dem Proletariat, nicht aus der Gruppe der Armen, nicht aus der Masse der Landarbeiter. Das Theater, wie wir es kennen, hat viel zur Aufklärung beigetragen. Jenen Mitgliedern der Bourgeoisie, die sich im Prozess der Aufklärung befinden, hat es geholfen zu verstehen, dass auch das transformiert werden muss, was sie aufgeklärt hat: denn der Prozess, den sie durchgemacht haben, ist zu langsam für die Masse, die wie Blutkonserven unter dem Gewicht der Struktur zu platzen droht.
Eine Massenbewegung bilden:
Was kann das Theater tun? Den Menschen kreative Energie einflößen.
Die Atmosphäre verändern. Die moralischen Werte verändern.
Die Wahrnehmung verändern. Den Modus des Denkens verändern.
Die Musik verändern. Nach Ägypten ziehen. Zu den Sklaven. Was kann das Theater tun? Es kann werben, zappen, ziehen, informieren, jubeln und das Proletariat begeistern, das Lumpenproletariat, die Armen, die Ärmsten der Armen.
Was kann das Theater tun?
Bedürfnis und Verlangen
herauskitzeln.
Die unter dem Gewicht
der pyramidalen Struktur
erdrückte Energie
Ägypten
damit das Untere
Nach oben
steigt.
Der Rest passiert dann
mehr oder weniger von selbst.
Cannes, Frankreich, 14. Mai 1970