Theater der Zeit

Aufruf

Die Koffer kriegen schlecht Luft

Aus der Dankesrede zum Hein-Heckroth-Bühnenbildpreis, Gießen 2017

von Gero Troike

Erschienen in: Gero Troike – In unmittelbarer Nähe (07/2025)

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Über Modelle in Form von Spielzeug werden wir als Kinder auf das Leben vorbereitet.

Wir waren davon überzeugt, dass diese Teile leben: der Kaufmannsladen, die Puppenstube mit Töpfen und Pfannen, unsere Stofftiere, Segelboote, Autos und so weiter.

Das Modell zeigt in der Verkleinerung der Wirklichkeit nur wesentliche Teile. Die Vereinfachung ist kein Verlust, sondern ein starker Gewinn.

Modellteile wurden den Verstorbenen ins Grab gelegt, damit sie auch im Jenseits auf wichtige Dinge nicht verzichten müssen.

Zu dieser Feierstunde habe ich zwei Modellteile mitgebracht, zwei kleine Koffer im Maßstab 1:20. Es sind der leichte und der schwere Koffer, die Darsteller aus meinem Theaterstück „Hochwasser“. Zunächst habe ich mir vorgestellt, dass sie sprechen, stöhnen, schlecht Luft kriegen und so weiter.

Durch die Zusammenarbeit mit dem Regisseur Peter Konwitschny und dem Komponisten Johannes Harneit ist eine Oper entstanden. Und nun singen die Koffer Arien. Das empfinde ich als die angemessene Form, ihren Schmerz und ihre Hoffnungen zu äußern.

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