Zwischen Virtuosität und Persönlichkeit
Perspektiven für eine gegenwärtige Schauspielausbildung
von Claudia Petermann und Julia Kiesler
Erschienen in: Recherchen 141: Praktiken des Sprechens im zeitgenössischen Theater (08/2019)
Ausgangspunkt1
Im September des Jahres 2016 fand im Studienbereich Theater der Hochschule der Künste Bern/Schweiz im Rahmen der Weiterentwicklung des Curriculums ein Workshop statt, zu dem Expertinnen und Experten aus der Theaterpraxis eingeladen waren, darunter Herbert Fritsch (Regisseur und Schauspieler, Berlin), Barbara Gronau (Professorin für Theorie und Geschichte des Theaters an der Universität der Künste, Dramaturgin, Berlin), Alexander Giesche (Regisseur, München), Joachim Robbrecht (Autor und Regisseur, Amsterdam) sowie Ted Stoffer (Choreograf und Performer, Brüssel), um folgende Fragen zu diskutieren: Wie sieht die Berufswelt für Abgängerinnen und Abgänger einer Theaterausbildung heute aus? Wie wird sie sich künftig verändern? Worauf müssen die Studierenden vorbereitet werden? Was brauchen junge Menschen, um in den Theaterberufen bestehen zu können? Welche Qualifikationen muss ihnen die Ausbildung mitgeben?
Ein Aspekt, der von allen Experten vertreten wurde, war die Wichtigkeit des auszubildenden Handwerks. Alle waren einhellig der Meinung, dass man handwerkliche Fähigkeiten zunächst ausbilden sollte, um dann auch wieder davon abweichen zu können. Zudem wurde die Fähigkeit gefordert, sich in verschiedenen formalen Kontexten künstlerisch einbringen zu können. Ein Schauspieler sollte laut den Experten heutzutage in der Lage sein, eigenschöpferisch, kreativ und vielseitig zu probieren. Einerseits eigene spielerische Angebote zu machen, aber andererseits auch in der Lage zu...