Anfang mit Auge
von Peter Michalzik
Erschienen in: 100 Jahre Theater Wunder Schweiz (11/2020)
Anfang mit Auge
Was hätte ein waches Auge gesehen, das in den ersten zwei, drei Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts in geringer Höhe über die Schweiz hinweg geflogen wäre und dabei, komischer Gedanke, seine Aufmerksamkeit allein auf die Theater gerichtet hätte? Zunächst wäre das Auge tief beeindruckt gewesen. In fast jeder der vielen kleinen Städte (auch Zürich hatte gerade mal 200 000 Einwohner) gab es ein fest gebautes, schmuckes, grösseres Theater. Schau an, die Schweiz, hätte das Auge also vielleicht gedacht, nichts ist mehr von der Theaterfeindlichkeit zu sehen, die das Land so lange bestimmt hatte.
Das Auge könnte seine Reise überall und zu jeder Zeit beginnen. Aber lassen wir es ganz im Westen, am Genfer See, anfangen. Nehmen wir weiter an, das fliegende Auge könnte auch in die fest gebauten Theaterbauten hineinsehen und in die Vergangenheit blicken. Es wäre also ein Auge, das sogar erkennen könnte, wie die Dinge im Theater entstanden waren. Es hätte gewusst, dass Voltaire hier einmal, seit 1754, in Genf gewesen war. Mit seiner in Paris entzündeten Theaterleidenschaft hatte dieser Voltaire es geschafft, die strengen Genfer anzustecken. Da Theater verboten war, war er ins Umland gegangen und hatte dort Spielgruppen gegründet. Dann war ihm aber auch...