Zum Zeitpunkt des Interviews im September 2014 deutet sich an, dass Frank Castorfs Intendanz an der Volksbühne enden wird, wenn auch erst 2017 und nicht, wie in diesem Interview noch angenommen, bereits 2016. Berlins damals neu berufener Kulturstaatssekretär Tim Renner, der entscheidet, Castorfs Vertrag nicht zu verlängern, demonstriert mit seinen öffentlichen Äußerungen eine bemerkenswerte Ignoranz gegenüber dem Theater.
Herr Castorf, in Ihrer letzten Volksbühnen-Inszenierung tauchte Klaus Wowereit als Figur auf. Die rief: »Ich bin der Klaus, ich geb’ nie auf!« Werden Sie den vor kurzem zurückgetretenen Wowereit als Regierenden Bürgermeister vermissen?
Wir sind ja beide als Außenseiter angetreten. Ich mag seine Lust am Leben, den Sinn für Humor, auch die Penetranz. Klaus war immer eine angenehme Singstimme. Ich glaube, er war ein Glücksgriff für die Stadt, ein proletarischer Junge aus dem Westen Berlins. Die Gespräche mit ihm waren ziemlich schnell und wach, sehr berlinerisch. Vielleicht mag er privat lieber Boulevardtheater, aber er hat verstanden, dass die Volksbühne etwas Besonderes ist. Er kam auch mit der Pöbelei zurecht, die mir eigen ist. Meine Mutter mag ihn auch sehr. Sicher werde ich Wowereit vermissen, wie ich auch den kurzzeitigen Wirtschaftssenator Gysi vermisse, der klug genug war, sofort jede Bonusmeile zu benutzen, um...