Das Theater leben: DIE HANDLUNG
12 Ai. Aiee. Vordringen. Schlitzen
von Julian Beck
Erschienen in: Das Theater leben – Der Künstler und der Kampf des Volkes (05/2021)
Ai. Aiee. Vordringen. Schlitzen. Jeden Tag Stacheldraht, jede Stunde eine Mauer, unnatürliche Barrieren, Gefängnis Welt, alle sind abgeschottet – geografisch, wirtschaftlich, psychologisch, abgeschottet durch Klasse, Privatbesitz, Benachteiligung, die Gesellschaft der Türen, gefangen in fehlendem Bewusstsein, abgeschottet vom Wissen und all seinen Lügen, abgeschottet, weil Wissen und alles, was dazugehört, begrenzt ist oder fehlt, abgeschottet von Flüssen, Schwerkraft, Einwanderungsbeamten …
Jeden Tag müsste ich mich bei meinen besten Freunden melden, aber ich scheitere an der Aufgabe. Jemand stellt mir eine Frage, aber eine Antwort hervorzupressen strengt zu sehr an, ich sage irgendwas, hilflos, ein Lächeln flattert auf meinen Lippen, und wir sind beide enttäuscht. Ich bin eingesperrt in meinem Ich, in dem, was ich geworden bin und weiter sein werde, wenn ich nicht entkomme.
Und ich leide nicht mal Hunger. Ich bin in Privilegien gehüllt. Warum leide ich?
Vordringen. Zu dir. Wir kämpfen darum, die Todesmaschine zu zerlegen. Die Todesmaschine ist der Kapitalismus. Wir kämpfen darum, die Tore des Gefängnis Welt zu öffnen. Das Gefängnis Welt ist die gesellschaftliche Struktur. Wir kämpfen darum, zur Möglichkeit eines Daseins vorzudringen.
Nichts ist natürlicher als Veränderung. Darum geht es im Anarchismus. Anarchismus entspringt der einfachen Erkenntnis dieser Tatsache, wie sich der Körper von Sekunde...