SERBIEN
Mit Flügeln und Pickelhaube
von Ivan Medenica
Erschienen in: Recherchen 61: Landvermessungen – Theaterlandschaften in Mittel- und Osteuropa (12/2008)
Das serbische Theater ist kein besonders dankbarer Gegenstand der Betrachtung – die Regie als Schwachpunkt des hiesigen Theaterlebens ist geradezu sprichwörtlich, ganz im Gegensatz zu den Theaterautoren, die, allen voran Biljana Srbljanović, im In- und Ausland hohes künstlerisches Ansehen genießen. Die Gründe für den beklagenswerten Stand der Regie sind vielfältig und vielschichtig, schuld daran sind vor allem eine konservative Ausbildung, mangelnde Anbindung an neue Strömungen im Zuge der internationalen Isolation des Landes während der neunziger Jahre sowie die exponierte Position des Regisseurs im Theaterbetrieb und der damit verbundene Anpassungsdruck. Inzwischen tritt jedoch eine neue Generation an, jung nicht nur im Sinne des Alters – die meisten sind unter dreißig –, sondern vor allem hinsichtlich ihres künstlerischen Anspruchs. Diese Regisseure wollen mehr als eine Geschichte erzählen: Sie durchdenken die dramatische Form, problematisieren das vorherrschende Paradigma des traditionellen, realistischen Theaters, sind über aktuelle internationale Trends auf dem Laufenden. Darüber hinaus verbindet diese junge Generation allerdings noch nicht viel – vielversprechende Einzelpersönlichkeiten, die aber auf Bedeutendes hoffen lassen.
Hier sollen also Regisseure der jüngsten Generation vorgestellt werden, die ihre ernsthaften künstlerischen Absichten unter Beweis gestellt haben und das Theater als Berufung erleben, selbst wenn sie es aufs Äußerste problematisieren oder in die enge...