Auftritt
Kleines Theater Bad Godesberg: Furcht und Verunsicherung des Bürgertums
„Aus großer Zeit – Die Kempowski-Saga Teil 1“ von Walter Kempowski – Regie Volker Schmalöer, Bühne und Kostüme Lisa Moro
von Stefan Keim
Erschienen in: Theater der Zeit: Kinder- und Jugendtheater – Yair Sherman: Theater und Israel (12/2023)
Assoziationen: Nordrhein-Westfalen Theaterkritiken Volker Schmalöer Kleines Theater Bad Godesberg
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Ein Mann mit Schnauzbart, Brille und Pullunder steht auf der Bühne. Er begrüßt das Publikum. „Herzlich willkommen“, sagt er mit leiser Stimme. „Mein Name ist Walter Kempowski und ich freue mich, dass Sie die Chronik meiner Familie aus dem letzten Jahrhundert mit mir teilen wollen.“
Kempowski hat sich in seinen Romanen „Aus großer Zeit“ und „Schöne Aussicht“ an der Geschichte seiner eigenen Familie orientiert. Seine „Deutsche Chronik“, veröffentlichte er zwischen 1971 und 1984, die Fernsehverfilmungen der Romane „Tadellöser & Wolf“ oder „Ein Kapitel für sich“ große Publikumserfolge. Das Kleine Theater Bad Godesberg unternimmt nun einen auf vier Jahre angelegten Versuch, Kempowskis neunbändigen Romanzyklus wiederzubeleben.
Als Erzähler führt Janosch Roloff als Wiedergänger des vor 16 Jahren verstorbenen Schriftstellers durch ereignisreiche Jahrzehnte, vom Beginn des Zwanzigsten Jahrhunderts bis in die Nazidiktatur. Der Großvater ist Reeder in Rostock, bis zum ersten Weltkrieg erscheint das bürgerliche Familienleben weitgehend sorgenfrei. Kempowskis Vater Carl reißt sich darum, an die Front zu gehen, obwohl er eigentlich noch zu jung ist.
Die vielen verschiedenen Spielorte werden nur mit wenigen Requisiten angedeutet. Der ständige Rollenwechsel des neunköpfigen Ensembles verlangt viel Konzentration vom Publikum. Dennoch wirkt die Aufführung nicht überfordernd, wer aufpasst, kommt mit. Axel Schneider hat Kempowskis „Deutsche Chronik“...
