Theater nach dem Ende der Welt
von Teresa Kovacs
Erschienen in: Recherchen 172: Theater der Leere – Heiner Müller, Elfriede Jelinek, Christoph Schlingensief und René Pollesch (12/2024)
Wärs anders.
——Heiner Müller, Philoktet
Als ich mit der Arbeit an diesem Buch begann, suggerierten der Fokus auf die Atombombe und auf die Angst vor der nuklearen Zerstörung für viele, mit denen ich dieses Buch diskutiert habe, eine Verankerung dieser neuen Theater(text)formen im Kalten Krieg. Das Buch war jedoch nie dazu gedacht, diese Theater(text)formen dezidiert an die Jahre des Kalten Krieges zu binden, vielmehr habe ich die Atombombe von Beginn an als etwas begriffen, das die Welt auf so tiefgreifende Weise verändert hat, dass Gegenwart und Zukunft nicht davon losgelöst betrachtet werden können. Leider ist in den letzten Jahren überdeutlich geworden, dass die Bedrohung durch Atomwaffen nicht der Vergangenheit angehört. Nicht nur der Krieg in der Ukraine hat diese Ängste wieder aufleben lassen – sei es durch die Belagerung und den möglichen Angriff ukrainischer Kernkraftwerke oder den Einsatz von Kernwaffen durch die russische Armee –, sondern auch der in Palästina und Israel wütende Konflikt, der nun auch den Iran miteinschließt, schürt solche Ängste. Darüber hinaus haben Wissenschaftler:innen in den letzten Jahren auf ein weiteres Problem aufmerksam gemacht, mit dem wir in absehbarer Zukunft konfrontiert sein werden: den beständigen Ausbau des chinesischen Atomwaffenarsenals, der zum Aufstieg einer dritten atomaren Supermacht...