Weiter im Innern
von Peter Michalzik
Erschienen in: 100 Jahre Theater Wunder Schweiz (11/2020)
Was also wäre in diesen Theatern zu erleben gewesen, das dieses Auge auf seiner Rundreise nicht gesehen hätte? Gab es etwas, ein Erlebnis, das damals diesen Häusern und Bühnen gemeinsam gewesen wäre? Ja, auch das gab es. Zumindest behaupten wir es. Das Theater war, mit einem Wort, erbaulich. Es ging wirklich um Erbauung. Das Theater hob einen fast immer hinweg oder, besser, es wollte und sollte einen hinweg- und hinaufheben, in einer Welle des Gefühls, es schwor die Zuschauer ein. Die Protagonisten waren heldenhaft, egal, woher sie kamen oder wer sie waren, sie folgten einer Mission, sie glaubten an etwas. Es lag etwas Erhebendes im Theater und diese Erhebung war das höchste der damaligen Gefühle. Darum ging es, das wollten alle erleben, das war die Art des gemeinschaftlichen Gefühls, die hoch im Kurs stand, die fast selbstverständlich mit Theater identifiziert wurde.
Fast alle positiven Figuren waren von Heroismus getragen, nur in Schwänken und anderen komödiantischen oder bäuerlichen Theaterformen war das nicht der Fall. Sonst hatte das Theater eine Tendenz zum Helden. Es ging also weniger um Ästhetik und Differenzierung als um Erbauung und erhebende Gefühle. Schiller, der deutsche Leit- und Erbauungsdramatiker Nummer eins, hatte – nicht nur wegen „Wilhelm Tell“...