Festspieltraditionen
von Peter Michalzik
Erschienen in: 100 Jahre Theater Wunder Schweiz (11/2020)
Damit steht eine grosse Schweizer Theatertradition in Zusammenhang, die tatsächlich bis ins späte Mittelalter zurückreicht. Es sind die unterschiedlichen Formen religiöser Spiele: Heiligenspiele, Mysterienspiele, religiöse Laienspiele, Fastnachtsspiele, Weihnachtsspiele, „Jedermann“-Inszenierungen, andere allegorische Spiele. In der Regel waren das kleine, lokale Aufführungen. Es ging um ein tiefgreifendes, halb religiöses, halb theatrales Erlebnis in einer Gemeinde.
Anders in Einsiedeln und Luzern, wo nun Grossereignisse dieser Gattung entstanden. Sowohl die religiösen Spiele in Einsiedeln als auch die Passionsspiele in Luzern wurden im Jahr 1924 das erste Mal aufgeführt. In Einsiedeln wurde mit Laien, als Ausdruck der Volksfrömmigkeit, und Darstellern der Freien Bühne Zürich, als Solisten, Joseph Eichendorffs Bearbeitung von Calderóns „Grossem Welttheater“ zur Aufführung gebracht. Die Freie Bühne Zürich wirkte im Übrigen auch bei Schüleraufführungen des „Tell“ am Pfauen in Zürich und bei Edwin Arnets „Das Eidgenössische Wettspiel“ bei der Landesausstellung 1939 mit.
In Einsiedeln war und ist bis heute der Klosterplatz die beeindruckende Freilichtbühne. Das Konzept ging auf. 1925 und 1930 gab es weitere Aufführungen, immer mit einem enormen Aufgebot von Darstellern. Diese von Anfang an grossangelegte Aufführung wird seitdem regelmässig wiederholt.
Der Plan einer Choreografie nach Jaques-Dalcroze übrigens wurde vom Kloster untersagt – das werde von deutschen Bischöfen abgelehnt. Es war anfangs...