3. Kapitel
Erschienen in: Die Rampe oder An der Lethe wachsen keine Bäume (06/2013)
Haprecht gehört auch zu Kramers Spezialkräften. Er ist ein trockener, hagerer Typ mit einem verwelkten Gesicht und wenigen ausgeblichenen Haarbüscheln auf dem kantigen Schädel. Die große Nase ist leicht rötlich. Seine Mundwinkel sind leicht nach unten gezogen, als wäre er beleidigt. Die Augen besitzen noch einen leichten Glanz aus jungen Jahren. Seine sehnigen Arme laufen in kräftige Hände aus. Die Finger sind lang und abgearbeitet. An der rechten Hand fehlt ihm der Ringfinger. Er spricht norddeutschen Dialekt. Haprecht geht bald in Rente. »Es wird auch Zeit«, erklärt er, wenn man ihn danach fragt. »Dass ich noch einmal in so einer Sache antreten muss, hätte ich nicht gedacht, aber das werde ich auch überleben.« Dann greift er in die Hosentasche, zieht ein Stück Papier hervor, langt nochmals hinein und dreht sich mit grobkörnigem Tabak, der zum Vorschein kommt, eine Zigarette.
Über ihn erzählt man sich im Dorf Geschichten, die im Laufe der Jahre märchenhaft ausgeschmückt werden. Er schweigt zu alldem. Als junger Mann, so heißt es, wurde er während des Krieges im Norden Lapplands stationiert. Die Wehrmacht bildete ihn als Einzelkämpfer aus, dann holte ihn die SS und schickte ihn in die Taiga. Mehr hatte er nicht preisgegeben, auch nicht, dass...