Theater der Zeit

Auftritt

Baden: Immer, wenn er gestorben war ...

WK Kulturwerk und Kurtheater Baden: „Melnitz“ (UA) nach Charles Lewinsky. Regie Adriana Altaras, Bühne Jörg Reinhard Zielinski, Kostüme Yashi Tabassomi

von Elisabeth Feller

Erschienen in: Theater der Zeit: Thomas Ostermeier und Thomas Oberender: Die Systemfrage – Stadttheater oder freies Arbeiten? Ein Streitgespräch (12/2013)

„Immer, wenn er gestorben war, kam er wieder zurück.“ So beginnt Charles Lewinskys 750-Seiten-Roman „Melnitz“. Darin begleitet Onkel Melnitz die jüdische Familie Meijer in der Schweiz zwischen 1871 und 1945. Wer den Roman in Angriff nimmt, bleibt an diesem Satz hängen, verweist er doch auf die Schicksale jener, die geächtet, verfolgt und getötet wurden. Damit keiner von ihnen vergessen geht, ist Melnitz zur Stelle; selbst dann, wenn ihn die Protagonisten des Romans bisweilen weit weg wünschen.

Am Eingangssatz entzündet sich auch die Phantasie von Adriana Altaras, die mit Wolfgang Böhmer eine Stückfassung destilliert und diese gleich selbst im Kurtheater Baden inszeniert hat – noch vor dem Schauspielhaus Zürich, das ebenfalls einen Bühnen-„ Melnitz“ auf seiner Wunschliste hatte. Das Gastspielhaus bekam aber den Vortritt – aus gutem Grund. Denn: Wo anders hätte die Uraufführung stattfinden können als in Baden, das unweit der Aargauer Gemeinden Lengnau und Endingen liegt, Dreh- und Angelpunkte von Lewinskys Geschichte? Jüdische Familien durften sich seit Beginn des 17. Jahrhunderts in der ganzen Schweiz nur in diesen beiden Orten dauerhaft niederlassen; die Niederlassungsfreiheit wurde den Schweizer Juden dann erst in der Revision der Bundesverfassung von 1866 garantiert. Lengnau und Endingen sowie die nahen Städte Baden und Zürich sind...

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