Kötz: Mit welchen Vorstellungen, Hoffnungen, Wünschen, Träumen habt ihr euer Studium begonnen? Und wie sah der erste Kontakt mit der Realität aus? Gab es einen Realitätsschock, oder eröffneten sich plötzlich neue Möglichkeiten?
Liske: Ich habe zunächst neun Semester Deutsch und Philosophie studiert und hatte vor, Lehrer zu werden. Ich bin also erst sehr spät auf die Schauspielschule gekommen. Für mich stellte sich während der ersten zwei Jahre die Frage, inwieweit ich da überhaupt noch reinpasse und ob es nicht schon zu spät ist, diesen Traum zu leben. Ich habe dann im zweiten Jahr begonnen, mir ernsthaft zu überlegen, was meine Perspektiven sind und meine Träume. Ich hatte so eine vage Hoffnung, dass es am Theater in einigen Bezügen anders läuft als auf der Schauspielschule, also in Bezug auf diese ständige Selbstreflexion – dass man sich eben nicht einfach in den Dienst der Sache stellen kann und erst mal sagt: „Okay, ich gucke jetzt, was ich beitrage zu diesem Stück. Was kann ich da erzählen? Wo kann ich mich in den Dienst der Sache stellen?“ Das ist an der Schauspielschule weniger Thema, da geht es eher um persönliche Prozesse. Meine Hoffnung hat sich zum Glück bewahrheitet, weil man am...