2.1 Scheiter heiter
von Dan Richter
Erschienen in: Improvisationstheater – Die Grundlagen (10/2018)
Unser Alltag ist von einem seltsamen binären Code geprägt – dem Dualismus von Falsch und Richtig. Diese Prägung fängt bei der Kindeserziehung an und setzt sich später in der Arbeitswelt fort. Fehler gilt es um jeden Preis zu vermeiden. Für Fehler werden wir bestraft, ausgelacht, gerügt. Nur langsam zieht in einigen Bereichen die Erkenntnis ein, dass ohne Fehlertoleranz keine Entwicklung zu haben ist.
In manchen Bereichen des Lebens ist Präzision ja durchaus wichtig: Wer will schon einen nur ungefähren Betrag des Gehalts auf sein Konto überwiesen haben? Wer will schon, dass der Zahnarzt einen beliebigen Zahn statt des kranken anbohrt? Die Dualität von Richtig und Falsch ist vor allem dort angemessen, wo Exaktheit das primäre Kriterium ist – in Wissenschaft und Technik.
Aber schon in einer der mathematischsten Künste – der Musik – wird die Frage von Richtig und Falsch rasch sinnlos. Gewiss schmälert es den Genuss, wenn Musiker „falsche“ Töne spielen. Aber ob uns der Vortrag einer Mozartschen Klaviersonate gefällt oder nicht, hängt nicht unbedingt damit zusammen, dass der Musiker das Stück „richtig“ gespielt hat. Mehr noch: Eine schöne Interpretation wird uns wahrscheinlich selbst noch mit ein, zwei Patzern besser gefallen als dasselbe Stück, wenn es „richtig“ aber seelenlos...