13. Miteinander
von Dan Richter
Erschienen in: Improvisationstheater – Die Grundlagen (10/2018)
Fast jeder, der die Welt des Improvisationstheaters betritt, empfindet in den ersten Wochen und Monaten eine Öffnung: Kreativität ist plötzlich in Ausmaßen möglich, die man bei sich selbst kaum vermutet hätte. Die Welt erscheint reicher, bunter, voller Optionen, eine riesige Einladung zum Spielen. Mancher wird die Fülle der Figuren lieben, mancher die überraschenden Storys. Und doch eröffnet uns Improtheater Freiheitsgrade, die über die eigene Freiheit und die Fülle der Szenen und Figuren hinausgehen: Improvisationstheater funktioniert durch Zusammenarbeit. Das ist zunächst einmal ganz offensichtlich. Wir müssen zuhören, um auf die Angebote der Mitspieler eingehen zu können. Aber Zusammenarbeit bedeutet mehr. Mitspieler sind mehr als nur die Stichwortgeber in der Szene. Eine gute Szene entsteht erst dadurch, dass wir die Angebote unserer Mitspieler ehren, sie verschärfen, ihnen Bedeutung geben, mit ihnen spielen. Im Idealfall tun das die Mitspieler auch mit unseren Angeboten. Wenn ich mit dir improvisiere und wir aufeinander eingehen, entsteht dabei etwas, das keiner von uns beiden sich hätte ausdenken können. Das Ergebnis ist mehr als die Summe deiner und meiner Improvisation, es ist das Resultat der Kooperation, einer höheren Schaffens-Energie, wenn man so will eines „Impro-Gottes“. Theater-Improvisation entsteht also nicht nur durch Zusammenarbeit, sie ist Zusammenarbeit.