Thomas Kaestle: Vor fast einem Jahr musste alles ganz schnell gehen. Wir standen am Ende eines dreitägigen Symposiums unter Formulierungsdruck. Hatten als Beobachtende notiert, reduziert, verdichtet und kontextualisiert, um schließlich auf dem Abschlusspodium in kürzester Zeit jeweils ein persönliches Fazit zu ziehen. Die beiden so entstandenen Texte stehen diesem voran. Inzwischen hatten wir Zeit, unsere Bilanzen reifen zu lassen, weniger Dringliches zu vergessen, uns an Wesentliches zu erinnern und es aus neuen Perspektiven zu betrachten. Und es anzureichern mit den Diskursen der vergangenen Monate. Aus diesen sticht für mich vor allem die neu entflammte Nützlichkeitsdebatte heraus: Was dürfen, sollen, können die Künste? Wann sind sie noch frei? Und waren sie das jemals? Alleine im November war ich zu drei Tagungen eingeladen, die um solche Fragen kreisten. Eine davon hattest du an der HafenCity Universität Hamburg selbst veranstaltet. „Social Urban Art“¹ hieß sie. Mit dem konkretisierenden Zusatz: „Eine Tagung über Verantwortung“. Um Nützlichkeit, Verwertung und Festlegung ging es auch schon vor einem Jahr. Der Fokus auf Verantwortung war eher neu für mich. Was rückt die Frage für dich in den Mittelpunkt?

Hilke Berger: Die Frage nach Verantwortung ist für mich die logische Konsequenz oder vielleicht sogar der eigentliche Kern der...