8.3 Vergangenheit als Teil des Moments
Erschienen in: Improvisationstheater – Die Grundlagen (10/2018)
Wenn wir sagen, dass wir beim Im-Moment-Sein das Planen und Vorausdenken ausblenden wollen, wie steht es dann eigentlich mit der Vergangenheit? Sollen wir sie ebenso wie die Zukunft ausblenden?
Einerseits kann das Verharren in der Vergangenheit (zum Beispiel Schwatzen über Vergangenes) dazu führen, dass wir den eigentlichen Moment verpassen. Andererseits ist es recht offensichtlich, dass der aktuelle Moment stark beeinflusst ist davon, was in der Vergangenheit bereits geschehen ist. Wenn ich in der ersten Szene einen Mann spiele, der sich in eine Frau verliebt hat, dann wird dies in der zweiten Szene immer noch Teil der szenischen Wahrheit und des szenischen Moments sein.67
Die Fähigkeit, sich des Vergangenen gut zu erinnern, ist eine Schlüsselfähigkeit des Impro-Erzählers. Es fängt schon mit den einfachen Dingen an: Merkt euch die einmal etablierten Details. Ihr braucht sie wieder und wieder. Jeder Satz, jeder Gegenstand und jede Implikation bieten die Möglichkeit, irgendwann wieder eingebaut zu werden. So lassen sich die Grundtechniken des improvisierten Storytelling reduzieren auf 1) freie Assoziation und 2) Wiedereinführen.
Man sollte aber nicht in die Falle tappen, sich beim Spielen die ganze Zeit nur zu überlegen, wie man das einmal Etablierte später einbauen kann. Das hieße ja wieder planen und wir...