4.3.2 Akzeptiere deine Persönlichkeit
von Dan Richter
Erschienen in: Improvisationstheater – Die Grundlagen (10/2018)
Sich selbst zu akzeptieren, betrifft nicht nur die Ideen und Inhalte, die wir produzieren. Wir müssen auch unsere eigenen Fähigkeiten umarmen und Begrenzungen hinnehmen, die wir mit auf die Bühne bringen. Manche Begabungen, wie zum Beispiel schauspielerisches oder erzählerisches Talent, können im Laufe des Trainings freigelegt werden. Manche Begrenzungen, wie zum Beispiel eine zu leise Bühnenstimme kann und sollte man durch dauerhaftes Üben überwinden. Aber wenn ich klein, schmächtig und dünnhaarig bin, werde ich nicht über Nacht zu einem hünenhaften, lockigen Prachtburschen werden. Das heißt aber nicht, dass ich mich nicht auf der Bühne ins Zeug legen soll.
Manche Unzulänglichkeiten verschwinden, indem wir ihnen einfach keine große Beachtung schenken. Ich hatte zum Beispiel in den letzten Jahren immer wieder Stotterer in meinen Impro-Workshops. Bei manchen war das Stottern stärker, bei manchen weniger stark ausgeprägt. Manche stotterten in der Vorstellungsrunde, in den Pausen, beim Feedback oder nach den Workshops. Aber kein Einziger stotterte in den improvisierten Szenen. Sie hatten die Müssens-Erwartungen (zum Beispiel die Erwartung, kommunizieren zu müssen) hinter sich gelassen. Alles was zählte, war der Moment und der Fokus des Spielens.29
Dieses Kapitel ist keine Aufforderung dazu, sich gehen zu lassen, nicht zu trainieren, sich nicht zu verbessern. Im...