Ein Paar, äußerlich noch zusammen, innerlich längst getrennt. Er hatte zwischenzeitlich eine Katrin, sie hatte ebenfalls einen Lover, der es aber auch nicht gebracht hat. Irgendwie. „Irgendwie“ ist ihr Lieblingswort, die Welterklärungsformel aller Ratlosen. So wie dieses gescheiterte Paar auf der Bühne sitzt, hätte man auch einen Scherbenhaufen hinwerfen und nach einer Stunde wieder aufkehren können. War wohl nichts. Was voller Hoffnung begann, endete voller Verzweiflung, Suizid der Mutter nicht ausgeschlossen.
Wir befinden uns im Stück „Tiefer Grund“ im ETA Hoffmann Theater in Bamberg. Außen vor dem Theater wallt dichter Nebel durch die Gassen der Altstadt, eine spukhafte Szenerie, wie von ETA Hoffmann selbst ersonnen, der hier gelebt hat, nur ein paar Schritte weiter in einem handtuchschmalen Haus, von 1808 bis 1813 war das. Auch deshalb hätte ihm „Tiefer Grund“ womöglich gefallen, seiner Schwere und Düsternis wegen. Da ist dieses Paar, im Stück einfach nur „Vater“ und „Mutter“ genannt, das sich immer wieder gegen seine Selbstzweifel versichern muss. „Wir waren doch liebevolle Eltern oder nicht?“, murmelt es dann. Im Friedwald am Baum ihres verstorbenen Sohnes haben sie sich nach Jahren der Trennung wieder getroffen. Heute wäre sein 23. Geburtstag gewesen. Später werden sie eine Kerze anzünden.
Nur: Mit jeder neuen...
Erschienen am 21.11.2022