Über Wiederholungen und Fragen und (immer nur vorläufige) Einsichten
von Johan Simons
Erschienen in: Arbeitsbuch 2023: Johan Simons – Dialog mit dem Tod (07/2023)
„Sterben denn nicht schon genug Menschen für Dich?“
(„Alkestis“, Euripides)
Im Laufe der Zeit bin ich manchmal gefragt worden, wie ich eigentlich zu meinen Themen komme, also unter welchen Umständen mich etwas so sehr fasziniert und anzieht, dass ich einen Stoff suche, mit dem ich das auf dem Theater erzählen kann. Oder finde ich einen Stoff und habe gleich so viele Fragen an ihn, dass er mich nicht mehr loslässt, bis er auf einer Bühne Gestalt annimmt, oder eine Mischung aus dem und noch viel mehr.
Und immer wieder gibt es Stoffe, die ich inszeniere, zu einer bestimmten Zeit, an einem bestimmten Ort, von denen ich sofort oder später das Gefühl habe, ihnen etwas schuldig geblieben zu sein.
Oder diese Stoffe fallen irgendwo an einen Platz in mir und tauchen wieder auf, wenn irgendeine Konstellation zwischen einer Frage und einer Situation sich ergibt.
So war das bei „Woyzeck“ und bei „Lear“ … Jahre nach der jeweils ersten Inszenierung wollte ich unbedingt weiter entwickeln, was ich damit schon gemacht hatte. Sei es, dass sich eine gesellschaftliche Situation verändert hat, so dass mir die Möglichkeit erschien, mit dem gleichen Stoff noch mehr und/oder anderes zu erzählen, einfach, weil ich älter geworden bin...