8. Sei im Moment
von Dan Richter
Erschienen in: Improvisationstheater – Die Grundlagen (10/2018)
Einfache Meditation
Sitze ruhig. Schließe die Augen. Achte auf deinen Atem. Auf nichts als auf deinen Atem.
„Ich atme ein, indem ich einatme. Ich atme aus, indem ich ausatme.“
Wenn sich in dieser Zeit ein anderer Gedanke in deinen Kopf schleicht, lass ihn vorüberziehen und beginne die Übung von vorn.
Diese Übung scheint fast banal. Aber es gelingt nur wenigen Menschen, sich nur für drei Atemzüge nicht ablenken zu lassen. Die Aufgabe ist klar und alles andere als komplex. Aber unser zappliger Geist tendiert zum Vorausdenken, zum Planen, zum assoziierenden Abschweifen, zum Meta-Denken, zum Bewerten.64
Fast jeder Impro-Spieler, der sich schon eine Weile mit Improvisation beschäftigt, nimmt von sich wie selbstverständlich an, „im Moment“ zu sein. Und doch ist kaum ein Spieler frei von abschweifenden Gedanken und Handlungen, die nichts mit dem Moment zu tun haben.
Was aber ist überhaupt damit gemeint, wenn wir davon reden, „im Moment“ zu sein? Der Moment umfasst all das, was jetzt geschieht, unter anderem:
•der letzte Satz meines Mitspielers,
•die Präsenz der anderen Mitspieler auf und neben der Bühne,
•die Dynamik der bisher verlaufenen Szene, der Story und der Show,
•die Musik,
•das Licht,
•die Dynamik des Publikums,
•der emotionale Gehalt des Gesagten,...