21.4.3 Als Profi
Erschienen in: Improvisationstheater – Die Grundlagen (10/2018)
Ich hatte das große Glück, von den bereits erwähnten Plateaus und Blockaden verschont zu bleiben. Zwar habe auch ich mich ab und zu an künstlerischen Schwierigkeiten abgekämpft, aber das konnte ich immer sportlich nehmen. Und eines Tages, nach über fünfzehn Jahren Impro-Erfahrung – traf es mich völlig unerwartet: Ich spielte mit meinen Kolleginnen eine Langform-Show, die nicht besonders rund lief. Halbgare Szenen wechselten sich mit misslungenen ab, die ganze Story ergab für mich keinen Sinn mehr. Meine Figur hatte kein Ziel und keinen Zweck, aber ich wusste, dass meine Kolleginnen mich auf der Bühne brauchten. Ob das Publikum sich unterhalten fühlte, war mir vollkommen egal. Die Stimme in meinem Kopf wurde lauter: „Für so ein Gefühl habe ich damals nicht mit Improtheater angefangen. Ich will solche Szenen nicht spielen. Ich will jetzt nur nach Hause.“
Wir brachten die Show dann noch halbwegs anständig zu Ende, aber das Frustrationsgefühl hielt mich umklammert. Glücklicherweise dauerte es nur wenige Tage, bis ich den Grund des Übels erkannt hatte. Es lag nicht an den Kolleginnen, nicht an meiner Figur und nicht an der Story – es lag an meiner inneren Einstellung. Ich war in die Überflieger-Falle getappt. Zu fokussiert auf Inhalte, Story-Strukturen, Gruppendynamiken hatte...