Thinking (in) Costume – Einige skizzenhafte Überlegungen zur Verabgründung des Kostümbildes
von Charlotte Pistorius und Fanti Baum
Erschienen in: Lektionen 6: Kostümbild (06/2016)
Sein grauer Kittel kann keine Geschichte erzählen […] Dessen Selbst bleibt völlig unausgedrückt.1
1. im grauen Kittel – Kostüm jenseits der Repräsentation
Kostümbild – „Wie kann man sich vorstellen, daß dergleichen je wieder Sinn bekommt?“2 Diese Frage steht inmitten Brechts Versuch, das Theater, diese altehrwürdige Institution, umzubauen und hat, schaut man auf die gegenwärtige Verfasstheit des Kostüms, nichts an Aktualität verloren. Denn gerade hier hat sich nicht viel geändert, gehört das Kostümbild doch seit jeher zum Theaterapparat und ist so aufs Engste mit seinen Repräsentations- und Darstellungsmechanismen verknüpft; immer noch stattet es Figuren aus, folgt der Idee des Regisseurs, unterliegt einem zentralen Konzept, dient dem vermeintlich Gesamten. So mag es auch wenig verwundern, wenn Überlegungen zu einem „Theater, wie es in Zukunft aussehen könnte“, „ohne Kostümabteilung, feste Schneiderei und einen riesigen Fundus“3 auskommen. Der Vorwurf an das zeitgenössische Performancetheater lautet hingegen, dass dieses ohne Kostüm agiere, die Performer nur irgendetwas anhaben, über das niemand, jedenfalls niemand mit einem Blick dafür, nachgedacht habe.
Wir möchten diese Konfrontation hin zu einem Denken öffnen, das die Binarität Costume / No Costume verunsichert und stattdessen fragt, wie sich dasjenige, was auf einer Bühne getragen wird, im zeitgenössischen Performancetheater begreifen lässt. Dass...