Der Taksimplatz als solcher ist nichts Besonderes. Das Nationaldenkmal in der Mitte unterscheidet sich nicht von anderen dieses Typs, die Häuser, die man ringsum sieht, zeichnen sich allenfalls durch ihre Hässlichkeit aus, und man wundert sich fast, dass der Imperator noch nicht befohlen hat, sie durch Wolkenkratzer zu ersetzen, wie sie sich seit einigen Jahren in den Vorstädten der 14-Millionen-Metropole Istanbul in die Höhe erheben. Im Frühsommer 2013 hat hier der Gezipark-Aufstand begonnen, es gab acht Tote und Tausende von Verletzten. Erdoğan sprach von „ein paar Plünderern“, setzte Wasserwerfer, Tränengas und Schusswaffen ein; inzwischen ist er Staatspräsident. Die Mehrheit in der Türkei – nicht in Istanbul – weiß er hinter sich.
Unweit des Taksimplatzes befindet sich das kleine Off-Theater Kumbaracı 50. Dessen junger Direktor Yiğit Sertdemir lernte vor zwei Jahren, also vor der Revolte, Roberto Ciulli kennen, der in Istanbul einen Workshop leitete. Man beschloss, eine Koproduktion zwischen dem Kumbaracı-Theater und dem Theater an der Ruhr zu initiieren, in deutscher und türkischer Sprache. Sertdemir verfasste den Text – eine Art Fortschreibung der „Riesen vom Berge“, des fragmentarischen letzten Stücks von Luigi Pirandello –, Ciulli inszenierte ihn zweisprachig, mit insgesamt zwölf türkischen und deutschen Schauspielern. Da das Kumbaracı nur eine Studiobühne...