Theater der Zeit

12. Wir sind das Volk

Ich sehe was, was du nicht siehst, und das ist ein rollendes Pulverfass.

Erschienen in: Eine Puppe packt aus – Dokumentarroman (07/2023)

Plakat von Krönert „Freiheit“
Plakat von Krönert „Freiheit“Foto: Martin Krönert

Einen Tag bevor laut Wikipedia die Wutbürger der DDR bei den Leipziger Montagsdemos „Wir sind das Volk …“ skandieren, entspringt der Slogan bereits am 1. Oktober 1989 in der Berliner-Werner-Seelenbinder-Halle. Einen passenderen Namen hätte es nicht geben können. Es findet ein von der FDJ organisiertes Konzertwochenende der sogenannten „anderen Bands“ statt.

Erstmalig dürfen Punkbands wie „die Firma“ und die polnische Formation „Anti Armia“ den aus der gesamten Republik angereisten Blauhemden ihre provozierenden Songs um die Ohren hauen. Nur zwanzig Prozent der Tickets sind im freien Verkauf erhältlich. Die echten Fans, also die Punks aus Halle, Dresden, Jena, Berlin und Klein Posemuckel müssen vor den Toren der mehrere Tausend Menschen fassenden Sportarena verharren. Diese Situation wird vom überzähligen Volk nicht wirklich als störend empfunden. Die Fans sparen das Eintrittsgeld von sieben Ost-Mark und fünf Pfennigen Kulturbeitrag und können die dröhnende Musik wunderbar auf der Wiese liegend an der frischen Luft genießen.

Schnaps und Weinflaschen machen die Runde, es kann geraucht und gekotzt werden, ohne dass einen die Ordner mit ihren roten Armbinden zur Rechenschaft ziehen.

Am Vorabend dieses legendären Konzertes braut sich auf einem Dachboden im Prenzlauer Berg in der illegalen Siebdruckwerkstatt meines Mister X ein kleiner Skandal zusammen.

Die Gründung...

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