Gemeinsam in der Welt
Erschienen in: Zeitgenoss*in Gorki – Zwischenrufe (03/2023)
Wen zur Hölle interessiert 2013 noch ein Stück über den Balkankonflikt der 90er Jahre? Das war mein erster Gedanke, als Shermin Langhoff und die Dramaturgin Irina Szodruch mir das Projekt Common Ground von Yael Ronen im Garten des Gorki Theaters vorgestellt haben, das sie mit uns planten. Ich selbst hatte die Zeit innerlich weggeschlossen, die Erinnerungen an die Kindheit, den schweren Stand, den ich als Serbe in Deutschland in der Schule oft hatte, meinen Standardsatz: Nicht alle Serben sind Kriegsverbrecher. Aber das lag so lange zurück.
Zeitsprung, sieben Jahre später: Wir spielen die 100. Vorstellung von Common Ground, haben Dutzende Gastspiele in der ganzen Welt hinter uns, auf dem Balkan, in China, in Israel. Und es hat sich jedes Mal gezeigt, wie andockfähig unsere Produktion und wie universell eigentlich der Konflikt ist, von dem wir erzählen. Weil es eben nicht nur um den Balkan geht, sondern um eine zwischenmenschliche Auseinandersetzung. Die konnten die Menschen, egal wo, auf ihre jeweiligen Verhältnisse ummünzen. Auf den Israel-Palästina-Konflikt bei unserem Gastspiel in Tel Aviv, auf den Konflikt zwischen China und Tibet, über den bei Publikumsgesprächen nach den Aufführungen in Shanghai und Peking verblüffend offen debattiert wurde. Mir schien, Geschichte wiederholt sich – und...