Es klingt wie eine Drohung: „In den nächsten zehn, fünfzehn Jahren werden nur diejenigen Unternehmen überleben, die es schaffen, je- des Gramm Intelligenz ihrer Mitarbeiter zu nutzen und über das Unternehmen hinaus prozessual in Wertschöpfungsketten zu den- ken. Beim Erüben dieser elementaren Fähig- keiten sind Kunst und Kultur unverzichtbar.“ Diese Einschätzung gab Michael J. Kolodziej, Geschäftsführer der Drogeriemarktkette dm, 2008. Zwar hat sich diese Maxime nicht in allen postfordistischen Wirtschaftszweigen durchgesetzt, in diversen Callcentern scheint bei technischen Problemen die kreative Kompetenz der Mitarbeiter auf Ausredenkaskaden beschränkt, aber als Managementideal ist dieses Denken dennoch weit verbreitet.
Nicht zu Unrecht also stellt sie der Kunstwissenschaftler und Kurator Emmanuel Mir an den Anfang seiner fast 500-seitigen Untersuchung „Kunst Unternehmen Kunst“. Mir operiert hierbei vor allem in der bildenden Kunst. Angesichts einer generellen „Eventisierung“ von Produktion und Konsumption in der postfordistischen Gesellschaft, ihrer „Performisierung“ also, sind seine Schlussfolgerungen auch für die darstellenden Künste reizvoll. Mir zeichnet zunächst die historische Entwicklung des Verhältnisses von Kunst und Unternehmen nach. Für den Frühkapitalismus konstatiert er eine allenfalls dekorative Funktion in Form von künstlerisch gestalteten Ladenschildern. Den etwas später einsetzenden Aufbau von Kunstsammlungen und das Betreiben von Salons wertet er als „funktionale“ Strategie der Distinktion. Erst mit der...