Zentrale Perspektiven: Die Kränkungen der Menschheit von Anta Helena Recke. Uraufführung 26. September 2019 Münchner Kammerspiele
Koproduktion von Münchner Kammerspiele, HAU Hebbel am Ufer Berlin, Kampnagel Hamburg, Mousonturm Frankfurt. Bühne Carlo Siegfried. Kostüme Pola Kardum. Dramaturgie Valerie Göhring. Musik Luca Mortella
Der Titel von Anta Helena Reckes Theaterstück „Die Kränkungen der Menschheit“ geht auf eine Formulierung von Sigmund Freud zurück. Der diagnostizierte bei seinen Überlegungen zur Psychoanalyse zu Beginn des 20. Jahrhunderts drei Kränkungen menschlicher Eigenliebe: die Feststellungen, dass die Erde sich um die Sonne dreht und nicht umgekehrt (Kopernikus), dass der Mensch vom Affen abstammt und kein höheres Wesen ist (Darwin) und dass der Mensch nicht Herr im eigenen Haus ist (Freud – unbescheiden – selbst). Diesem Set an geschichtlichen Wegmarken hat Anta Helena Recke in dem Erklärmaterial zur Perspektivierung ihrer Arbeit kurzerhand eine vierte Kränkung hinzugefügt – die Erkenntnis, dass der weiße Mann nicht als Pressesprecher des Universalen im Mittelpunkt allen Denkens wohnt, sondern lediglich Identitätspolitik in eigener Sache betreibt.
Das Werk der 31-jährigen Recke ist noch schmal, besteht bislang aus zwei großen Bühnenarbeiten und kleineren Performances mit Julia*n Meding („Lovepiece“, 2015; „Angstpiece“, 2017). Als Charakteristikum lassen sich dennoch konzeptionelle Setzungen erkennen, wie das Hinzufügen der vierten Kränkung eine ist. Solche Prämissen sind einfach und anregend zugleich. Bei der „Schwarzkopie“ von Anna-Sophie Mahlers Inszenierung von „Mittelreich“ nach Josef Bierbichlers Roman (2017) bestand der Clou darin, ein bestehendes Theaterstück noch einmal zur Aufführung zu bringen – alles genauso wie im...
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