Das Melodram. Ein Medienbastard
Einleitung
von Daniel Eschkötter, Armin Schäfer und Bettine Menke
Erschienen in: Recherchen 98: Das Melodram – Ein Medienbastard (03/2013)
Das Melodram ist ein Medienbastard, so lautet unsere plakatierende Bestimmung. Das Wort ‚Bastard‘ ist zum einen die pejorative Bezeichnung für ein uneheliches Kind. Zum anderen diente es lange Zeit als Bezeichnung für etwas, das heute ‚Hybrid‘ genannt wird: eine Kreuzung aus zwei verschiedenen Arten oder zwei Varietäten einer Art. Der Medienbastard ‚Melodram‘ wurde vom Theater und der Musik gezeugt, doch fand das Kind nicht dieselbe Anerkennung wie seine ältere Schwester, die Oper, die als Transformation der Tragödie galt. Von Anfang an stand es unter dem Verdacht, dass es ihm an der Ernsthaftigkeit seines (unbestimmten) Vorfahren, der Tragödie, mangele. In der Tragödie schienen allgemeingültige Werte, unvermeidliche Konflikte und wesentliche Züge des menschlichen Daseins zum Ausdruck zu gelangen, dargestellt und aufgeführt zu werden. Das Melodram hingegen schien Punkt für Punkt diese Leistungen zu verfehlen: Es übe, so lautete der Vorwurf, eine ideologische Funktion aus, indem es mehr schlecht als recht die Gefühle bearbeite. Der Erfolg dieses kleinen, minderen Genres liege darin begründet, dass es sich allzu bereitwillig für jene Themen öffne, die ohnehin im Umlauf seien, um sie, angereichert mit Gefühlswerten, zum Konsum feilzubieten.
Auch wenn die Bezeichnung ‚Melodram‘, die einst in pejorativer Absicht gebraucht wurde, heutzutage nur mehr deskriptiv verwendet wird,...