Magazin
Fährtenlese in Ariane Kochs Debütroman
Ariane Koch: Die Aufdrängung, Suhrkamp, Berlin 2021, 179 Seiten, 14 EUR
von Lucien Strauch
Erschienen in: Theater der Zeit: Henry Hübchen (02/2022)
Eine Frau lebt ganz allein in einem großen Haus in einer kleinen Stadt am Fuß eines pyramidenförmigen Bergs. Sie trifft auf einen Mann im Regenponcho, der neu in der Stadt ist, und lädt ihn zu sich ein. Der Gast darf das zehnte Zimmer des Hauses mit einer Bande ausrangierter Staubsaugerrüssel teilen, sie selbst residiert weiter in den übrigen neun Zimmern. Von dieser ungleichen Wohngemeinschaft erzählt „Die Aufdrängung“.
Die Autorin Ariane Koch war bisher vor allem als Dramatikerin in Erscheinung getreten. Für „Die toten Freunde (Dinosauriermonologe)“ wurde sie gerade mit dem 1. Else-Lasker-Schüler-Stückepreis ausgezeichnet. Als eine Art von übrig gebliebenem Urzeitwesen müssen wir uns vielleicht auch die namenlose Ich-Erzählerin in Kochs ungewöhnlichem und im besten Sinne irritierendem Debütroman vorstellen. „Ich bin das allerälteste Fossil und hasse diese Kleinstadt so sehr, dass ich mich an ihr rächen werde, indem ich nie wirklich von hier weggehe, auch wenn ich ständig so tue, als ginge ich weg“, sagt diese menschliche unmenschliche Dinosaurierin von sich. Ihre Mitwelt erlebt sie gänzlich als Zumutung, ständig will jemand was. Kinder klingeln an der Tür und wollen den neuen Gast beschauen. Wohnungssuchende hoffen auf freiwerdende Zimmer. In der „Rondellbar“, dem einzigen Ort, den die Erzählerin abseits vom eigenen Haus...