Theater der Zeit

Psychoanalytischer Pop | 2004

H. C. Andersens »Schneekönigin«, Claus Peymann, de Sade, heruntergezogene Mundwinkel, Gerhard Stadelmaier

von Frank Castorf und Peter Laudenbach

Erschienen in: Am liebsten hätten sie veganes Theater – Frank Castorf – Peter Laudenbach. Interviews 1996–2017 (01/2018)

Assoziationen: Claus Peymann

Volker Spengler und Birgit Minichmayr mit dem Kopf von Herbert Fritsch in »Meine Schneekönigin« (2004) Foto: David Baltzer / bildbuehne.de
Volker Spengler und Birgit Minichmayr mit dem Kopf von Herbert Fritsch in »Meine Schneekönigin« (2004)Foto: David Baltzer / bildbuehne.de

Amüsieren Sie als bekennenden Ostler die Ost-West-Animositäten um die Berufung Christoph Heins ans Deutsche Theater?
Ich finde das Ost-West-Gerede etwas bigott. Die Selbstverständlichkeit, mit der seit Jahren Provinzlösungen nach Berlin kommen und hier Theater übernehmen, die prominent waren, ist ein bisschen unangenehm. Was will jemand, den man in Wien [BE-Intendant Claus Peymann war 1986 –1999 Intendant des Wiener Burgtheaters] oder in Ulm [der DT-Intendant Wilms war 1991–1994 Intendant am Theater Ulm] nicht mehr haben will, ausgerechnet in Berlin? Ich habe ja nichts dagegen, jetzt ist das BE eine erfolgreiche Ku’damm-Komödie am Schiffbauerdamm, dagegen ist ja nichts zu sagen. Kulturpolitisch offensiv ist das nicht in einer Stadt, die tatsächlich brennt, und sie wird noch mehr brennen. Ich finde es gut, wenn diese Routine durchbrochen wird mit einem Intellektuellen aus dem Osten. Mich wundert ja, dass sich Christoph Hein das überhaupt zumutet am Deutschen Theater.

Irritiert es Sie, dass diese Ost-West-Gereiztheiten wieder so deutlich werden, fünfzehn Jahre nach der Wiedervereinigung?
Der Osten hat sich beleidigt eingebunkert. Jetzt haben alle schlechte Laune und heruntergezogene Mundwinkel. Demnächst haben wir dann noch eine Kanzlerin, die genauso aussieht wie der gesamte Osten. Für mich waren das bis 1989 gut trainierte amerikanische Streikbrecher. Die ostdeutsche Seele hat...

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