Video kann viel mehr als Bühnentapete sein. Das belegt die noch junge Technologie des Bewegtbildtheaters, in der Figuren aufgespalten und aus dem Fluss der zeitlichen Linearitäten herausgehoben, in dialogische Schleifen gebracht werden. Digitale Avatare, in der Green Box aufgezeichnet, werden dabei zu Kolleginnen und Partnerinnen einer Live-Performance, wie sie die Schauspielerin Martina Roth seit einigen Jahren entwickelt. Erstmals in Berlin zu sehen war ihre Arbeit „Die Frau und die Stadt“ auf der Basis von Gerlind Reinshagens gleichnamigem Theatermonolog.
Vier Frauen, zwei Treppen, die ineinander verschlungen sind wie die Doppelhelix einer DNA. Darunter ist manchmal die Stadt zu sehen: das zerbombte Berlin, von der Siegessäule aus, deren Treppe die Doppelhelix bildet. Dass die Stadt schon zerstört zu sehen ist, ist ein Vorgriff in diesem Stück, ein seherisches Experiment. Bereits im Jahr 1942 steigt die von Gerlind Reinshagen am Vorbild der Dichterin Gertrud Kolmar erschaffene Figur auf die Siegessäule und wägt, in Gedanken an Bildnissen preußischer Siege vorbeigehend, ab, ob sie sich das Leben, schnell herunterstürzend, selbst nehmen oder sich durch die Drangsalierungen des NS-Regimes langsam nehmen lassen soll. Kolmar wurde später nach Auschwitz deportiert, wo sie auch starb. „Die Frau und die Stadt“ weist allerdings über die unmittelbaren Ereignisse der NS-Zeit...