8.2 Nicht vorausdenken
Erschienen in: Improvisationstheater – Die Grundlagen (10/2018)
Planen zu können ist eine der wichtigsten menschlichen Eigenschaften. Wenn wir die Zukunft nicht in unser Leben einbeziehen, würden wir nicht unsere Zähne putzen, wir würden keine Versicherung abschließen und nicht einmal eine Impro-Show auf die Beine stellen können, die ja schließlich auch organisatorisch geplant werden muss. Planen gibt uns die Sicherheit, überhaupt etwas auf die Beine zu stellen. Es gibt also durchaus Zeiten des Planens. Ein Improvisierer zu sein, bedeutet nicht, niemals an die Zukunft zu denken.
Die Zeit fürs Planen ist aber nicht auf der Bühne. Und der Ort fürs Planen ist nicht die Bühne. Vor allem jenen, die dazu tendieren, in Kategorien von Sicherheit zu denken, fällt es schwer, von der Zukunft loszulassen und sich voll dem Moment zu widmen. Der Moment des Spiels ist jetzt. Ich kann nur zuhören und mich dem Spiel hingeben, wenn ich nicht darüber nachdenke, was ich als nächstes sagen könnte.
Vorausdenkende Spieler neigen zum manipulativen Spiel.65 Sie versuchen, ihre Mitspieler in bestimmte Story-Richtungen zu drängen, statt der Story die Möglichkeit zu geben, sich selbst zu entfalten. Im schlimmsten Falle mischen sich Vorausdenken und Gagging: Während der Mitspieler spricht, denkt der Spieler schon darüber nach, wie er den nächsten Gag am...