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Kunst: An der Hundeleine
Erschienen in: Theater der Zeit: Mirco Kreibich: Brüchiger Zeitspieler (06/2014)
Was sind „One Minute Sculptures“? Ein Balanceakt auf Orangen, ein menschlicher Kleiderbügelhalter? Ein Stuhlbein im Auge oder ein Mensch, der mit seinem Körper versucht, Klopapierrollen gegen eine Wand zu drücken und bis zu den Knien in einem Pappkarton steckt? So einfach? Ja, und so raffiniert hintergründig. Was hier womöglich leicht und heiter herüberwinkt, erweist sich in Sekundenschnelle als Auflösung und Einsturz ziemlich existenzieller Selbsterfahrungen. Wer den One Minute Sculptures, Indoor- und Outdoor-Skulpturen von dem Österreicher Erwin Wurm, begegnet, riskiert, sich zwiespältigen Momenten von Peinlichkeit und lächerlicher Ausweglosigkeit auszusetzen. Erfunden hat Wurm diese sonderbar skurrile Kunstform schon vor 20 Jahren, als er sein Video „59 Stellungen“ drehte. Er steckte sich und andere in Pullover und Mäntel und ließ die Beteiligten immer wieder abstruse Körperhaltungen einnehmen. Herausgekommen sind 20-Sekunden-Takes, neuer Dadaismus sowie eine Art von performativer Skulptur und umständlicher Raumerfahrung. Jetzt hat das Städel Museum in Frankfurt am Main Erwin Wurm mit seiner weithin berühmten Serie „One Minute Sculptures“ eingeladen. Wer will, sollte nicht nur schauen, sondern kann sich selbst in ein Minutenkunstwerk verwandeln. Man braucht nur den Anweisungen des Künstlers zu folgen: etwa sich am Haupteingang auf allen vieren auf ein Podest knien und sich von Valie Export in einen wartenden...