Im Gegensatz zur Geste fokussiert Gestisches einen Prozess, eine Gestimmtheit und Haltung, die sich einer Auflösung in Zeichen widersetzt. Es ist die Perspektive, der sich die Beiträge im Band „Gestische Forschung. Praktiken und Perspektiven“, der im Juli im Neofelis Verlag erschienen ist, theoretisch und künstlerisch annähern. Jeder Text in der von den Theaterwissenschaftlern Veronika Darian und Peer de Smit herausgegebenen Sammlung vollzieht eine eigene philosophische, am Material analysierende oder theaterpraktische Suchbewegung, die sich selbst auf Gestisches im Schreiben und Arbeiten befragt. Im Sinne Walter Benjamins Überlegungen zur Geste im epischen Theater unterteilen die Malereien der Tänzerin und Choreografin Rée de Smit die Abhandlungen und unterbrechen den Lesefluss.
Zu Beginn widmet sich das Handbuch zur gestischen Forschung der philosophischen Untersuchung des Begriffs. In einem bis in die Antike zurückreichenden Abriss bestimmt der Philosoph Fabian Goppelsröder die Geste als Denkfigur der Irritation. Die Geste des „deconstructive embrace“ der postkolonialistischen Theoretikerin Gayatri Spivak, die eine Möglichkeit des Sprechens mit Subalternen und ihren Positionen beschreibt, nimmt Darian als Ausgangspunkt, Wissenschaft als Praxis gestisch zu befragen. Am Beispiel des Vortrags von Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen untersucht sie deren Körperlichkeit und Haltung.
Die Theaterwissenschaftler Jessica Hölzl, Micha Braun, Eiichirô Hirata und Maren Witte analysieren gestisches Agieren in...