Viele dürften im vergangenen Jahr einen ominösen Gregor-Samsa-Moment gespürt haben. Man wachte auf und konnte nicht fassen, in welcher Welt man sich befand. Beklemmend und surreal erschien dieser Film, dessen Arrangeur noch immer an den Strippen unseres Lebens zieht: Corona. Es liegt daher nahe, Franz Kafka, diesen Großmeister für Panik, Furcht und Wahn, zu konsultieren, um die Atmosphäre in der Pandemie zu erfassen. Wie formidabel dieser Brückenschlag gelingt, lässt sich derzeit an der Uraufführung „Wuhan – Die Verwandlung“ am Hessischen Staatstheater Wiesbaden studieren.
Es beginnt gruselig: Vor uns auf einem Bett windet sich eine geschlechtslos anmutende, zierliche Person (Ipek Özgen) mit Glatze, während wir einer musikalischen Mixtur aus schauriger Geräuschkulisse und Beatmungsmaschine beiwohnen. Dazu spricht eine Erzählerfigur hinter einer Plexiglasscheibe die ersten Sätze aus der berühmten Erzählung „Die Verwandlung“ des Prager Autors. Nur scheint sich hierbei, wie der weitere Verlauf des Abends nahelegt, nicht allein eine Verwandlung eines Menschen in einen Käfer, sondern mithin einen Virusträger zu ereignen. Immer wieder wird Gregor Samsa gleich einem Geist, der bald schon nur noch von einer Computerstimme überlagertes Kauderwelsch zum Publikum zu sprechen vermag, im weißen Bettlaken über die Bühne schlurfen – vor allem dort, wo Covid-19 seine ersten Opfer erfasst.
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