Was gestrichen ist, leuchtet im Dunkeln
von Bettina Walter
Erschienen in: Lektionen 6: Kostümbild (06/2016)
Kostüme brauchen Menschen. Und Licht. Kostüme sind Kunst.
Bei meiner Arbeit als Professorin für Kostümbild an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart versuche ich, mit meinen Studenten am Sichtbaren und am Unsichtbaren zu arbeiten …
Auch das Unsichtbare spielt mit, es leuchtet aus dem Dunkeln, durch das Sichtbare hindurch. Wir suchen nach Figuren, die sich im Laufe der Zeit über den Text, über die Musik, über das Nachdenken, über das Wissen um sie und vor allem über das Sehen herauskristallisieren, sozusagen aus dem Dunklen treten, ein Gesicht bekommen im angewandten Sinne, einen Gestus, ein Leben, eine ablesbare Vergangenheit, eine Gegenwart und eine Zukunft auf der Bühne, und eben zuletzt auch ein Gewand, das dann das Kostüm, die Figur IST.
Dabei geht es, genau wie später bei der praktischen Theaterarbeit und bei jedem künstlerischen Schaffensprozess, nicht so sehr um das fertige Resultat, sondern um den spannenden, vielschichtigen, oft auch mühsamen, weil suchenden Weg dahin.
Man denkt ein Konzept, gestaltet es aus in Worten, Modellen, gezeichneten, collagierten, gemalten Entwürfen, Fotos, Inspirationsbildern usw. und versucht es (im Studium meist fiktiv, in der Praxis dann auf wirkliche Darsteller) umzusetzen. Man sieht, dass es nicht ganz genau passt, dass Proben, Körper, Ausstrahlung, Textveränderungen,...