Liebe, das erklärte schon Johannes Mario Simmel, ist nur ein Wort. Aber eben eines, das die Menschen so häufig im Munde führen wie kaum ein zweites. Auch die 27 Frauen und 24 Männer, die das Personenverzeichnis von Joël Pommerats jüngstem Stück ausweist, gebrauchen es oft – wobei jeder etwas anderes darunter zu verstehen scheint: Zuneigung, Sex, Freundschaft, Eigen- oder Vaterlandsliebe. Über alle Unterschiede hinweg verbindet sämtliche Figuren jedoch eine unerfüllte Sehnsucht nach Nähe, der Wunsch, die Grenzen zum anderen zu überwinden. Da erfindet sich ein kinderloses Ehepaar Nachwuchs, weil beide sonst nichts aneinander bindet; da fleht eine Sekretärin ihren Chef beinahe an, er möge sie missbraucht haben, nachdem sie in seinem Hotelzimmer eingeschlafen war; oder da wirft sich eine junge Frau dem Arzt an den Hals, der ihren Vater bis zu dessen Tod versorgt hat, und hält ihn so fest, dass er sich nur unter mühsamem Gerangel aus der Umklammerung befreien kann. In Gerhard Willerts Linzer Inszenierung ist Liebe denn auch ein Kampfschauplatz. In der Studiobühne BlackBox wird die Spielfläche von zwei Banden flankiert, das Publikum nimmt dahinter auf ansteigenden Tribünen zu beiden Seiten Platz. In der Mitte dieser kleinen, meist leeren Arena, auf der nur gelegentlich Stühle oder Tische...