Den ersten Brief schicken Sarah und Rainer Kirsch 1962 an Christa und Gerhard Wolf. Beide Ehepaare hatten bis eben in Halle an der Saale gewohnt, nun waren die Wolfs nach Kleinmachnow gezogen. Sarah Kirsch wechselt in den folgenden Jahren noch häufig ihre Lebenspartner, die Wolfs häufig ihre Wohnorte. Man fühlt sich dennoch eng verbunden. Sarah Kirsch vertraut Christa Wolf auch ihre intimen Geheimnisse an, wie jenes von der kurzen Liebesaffäre mit Wolfgang Kohlhaase, der „so schöne glitzernde Augen“ hat und „einfach so gerne, so überaus gerne mit netten Frauenzimmern schläft“. Wie sie dann diese eher triviale Tatsache beschreibt, hat etwas von der wissenden Unschuld einer Dichterin, deren Lebenshunger unstillbar scheint.
Nach dem – vergeblichen – Protest gegen die Biermann-Ausbürgerung 1976 (beide gehören zu den Erstunterzeichnern der Resolution) stellt Sarah Kirsch einen Ausreiseantrag und verlässt 1977 die DDR. Als Franz Fühmann das erfährt, schickt er jenes berühmt gewordene Telegramm: „Sarah liebe Schwester der Pirol hat die ganze Nacht geweint. Sollen denn hier nur mehr die Krähen krächzen?“
Aber auch die räumliche Trennung kann die Freundinnen nicht auseinanderbringen. Sie schreiben sich regelmäßig lange Briefe, oft mehrmals im Monat. Dieser von Sabine Wolf edierte Briefwechsel, der mit zahlreichen erhellenden Anmerkungen versehen wurde (die...