5.2 Prototypen und Klischees
von Dan Richter
Erschienen in: Improvisationstheater – Die Grundlagen (10/2018)
Jeder hat seine eigenen Assoziationsklischees. Und dazu kommen noch die allgemeinen, von allen geteilten Klischees, die Teil unseres psycho-kulturellen Gedächtnisses sind: Wir neigen dazu, in semantischen Prototypen zu assoziieren:
Nenne mir ein Werkzeug! – Hammer.
Das ist normal und zunächst nicht weiter schlimm, wenn nur nicht die Klischees in der Improvisation dominieren. Wir umgehen die Klischee-Falle, nicht indem wir versuchen, super-originell, schlau oder witzig zu sein, sondern indem wir es wagen, mehrere Assoziationskanäle anzuzapfen. Wenn ich aber, um bei dem Beispiel zu bleiben, biografisch bleibe, könnte ich zum Beispiel daran denken, welches das letzte Werkzeug war, das ich in die Hand genommen habe:
Nenne mir ein Werkzeug! – Inbusschlüssel.
Ich könnte an das schwerste Werkzeug denken, das ich je in der Hand hatte (Vorschlaghammer), an das nervigste (Feile), an das unhandlichste (die kleine Schere an meinem Taschenmesser) und so weiter.
Wenn ich die Assoziationskanone zu weit feuere, kann es sein, dass mein Partner das Angebot nicht einordnen kann oder das Publikum sich veralbert vorkommt.
Vergleichen wir:
Szene 1
Sarah kommt zur Tür herein.
Dirk: Endlich. Wo warst du denn die ganze Zeit?
Sarah: Bei der Elefantenpediküre.
Sarahs Antwort ist nicht absurd, wirkt aber ziemlich aus der Luft gegriffen, ausgedacht und...