„Religion symbolisiert Heimat“
Über die Rückkehr der Religion(en)
von Rena Tali und Johann Hinrich Claussen
Erschienen in: Recherchen 143: Ist der Osten anders? – Expertengespräche am Schauspiel Leipzig (04/2019)
Bisky: Die „Rückkehr der Religionen“ ist ein Thema, das selbst immer wieder zurückkehrt. Die erste Studie, die von der Rückkehr des Heiligen handelt, ist 1977 erschienen. Und man kann sich fragen: Sind die Religionen überhaupt weg gewesen? Ich selber glaube: auf jeden Fall, und sie haben sich bei der ständigen Rückkehr ziemlich verändert.
Wenn man mehrere Religionen hat, kann über den wahren Glauben gestritten werden. Das passiert aber aktuell, glaube ich, nur in theologischen Seminaren. Die öffentliche Rede in Deutschland über Religion scheint mir im Moment von einem zänkischen Ton geprägt zu sein. Da geht es vor allem darum: Dürfen die denn das? Dürfen die ein Kopftuch tragen? Darf eine Lehrerin ein Kreuz in der Schule haben? Darf man in Erfurt ein Minarett aufstellen? Es gibt dann immer viele, die sagen: Religion ist Privatsache, und wir haben einen laizistischen Staat, der sich von allen Religionsgemeinschaften streng getrennt hält. Das klassische Beispiel dafür ist Frankreich, und das stimmt mich sehr skeptisch. In Frankreich hat der Laizismus offenkundig zu einem besseren Zusammenleben zwischen verschiedenen Religionsgemeinschaften wenig beigetragen.
Rena Tali kommt aus dem Libanon und ist erst seit Kurzem in Deutschland. Johann Hinrich Claussen kommt aus Hamburg, er war dort lange Hauptpastor in...