Das Erlebnis einer deutschen Erstaufführung machte der Heidelberger Stückemarkt auch in der digitalen Auflage möglich. Wegen des pandemiebedingten Lockdowns wurde Teresa Doplers „Das weiße Dorf“, Siegerstück des 2019er-Festivals, statt im vergangenen Jahr erst jetzt aufgeführt, inszeniert von Ron Zimmering als kaltes Kammerspiel. Virtuos bringt der Regisseur die Zwischentöne in der Beziehung von Ruth und Jean zum Klingen. Vor der Kamera balancieren die Schauspieler Katharina Ley und Friedrich Witte auf dem schmalen Grat zwischen Liebe und Schmerz. Zufällig begegnet sich das Paar, das sich aus Karrieregründen trennte, bei einer Kreuzfahrt. Sie umspielen in dem Zweipersonenstück ihre verlorene Liebe. Doplers Kunst, die Sprache der Karrieremenschen in ihren Tiefenschichten freizulegen, wird in Zimmerings dichter Regiearbeit offenbar. Klug übersetzen die Akteure die erfrorenen Worte in ein Körpertheater, das Gefühle verrät. Auf einer rostigen Platte zwingt Bühnenbildnerin Ute Radler das Paar zur Nähe. Trotz beruflicher Erfolge entgleitet ihnen der feste Boden unter den Füßen.
Nachdem Intendant Holger Schultze und sein Team im Mai 2020 wegen des Corona-Lockdowns nur den Wettbewerb der deutschsprachigen Dramatik streamen konnten, wurde die 38. Festivalauflage 2021 komplett digital konzipiert. Mit 3800 Zuschauerinnen und Zuschauern bei zwanzig digitalen Angeboten ist der Theaterchef zufrieden: „So viele hätten definitiv nicht ins Theater gepasst.“ Auch...