Bericht
Neuvermessung
„The Critical Dictionary of Southeast Asia” von Ho Tzu Nyen
von Tim Sandweg
Erschienen in: double 38: Face-Off – Politiken von Gesicht und Maske (11/2018)
Assoziationen: Asien
Der bis heute verwendete Begriff „Südostasien“ ist, wie es auf viele Regionen weltweit zutrifft, ein Produkt kolonialer Definitionspolitik. Erstmals fand er 1941 im Buch „Welfare and Progress in Southeast Asia“ des Kolonialbeamten John Sydenham Furnivall Verwendung. Dabei behauptet er eine identitäre Einheit von Gebieten, die sprachlich, religiös oder politisch nie verbunden waren. Der in Singapur lebende Künstler Ho Tzu Nyen hat sich der Frage, was die Region jenseits der offiziellen Geschichtsschreibung konstituiert, mit seinem Langzeitprojekt „The Critical Dictionary of Southeast Asia“ (CDOSEA) angenommen, das aus Filmen, Installationen, Performances und seit 2016 auch aus einer Onlineplattform besteht. Geordnet ist es nach 26 Konzepten, Motiven oder Biographien, jeweils ein Begriff pro Buchstabe des englischen Alphabets, die online von einem Algorithmus mit einem riesigen Archiv audiovisuellen Materials verschnitten werden – ein pluralistisches Bild, das sich nationalen Identitätspolitiken entgegenstellt. Die videoinstallative Version der Plattform war neben drei weiteren Werken der Serie im Rahmen des diesjährigen Sommerfestivals in Hamburg im Kunstverein und auf Kampnagel zu sehen.
Zwei der Arbeiten, eine Videoinstallation und eine installative Performance, drehten sich dabei um die Biographie – oder genauer: die Fragmente der Biographie – des Generalsekretärs der Kommunistischen Partei Malayas von 1939 bis 1947, der neben 50 weiteren Pseudonymen den...