Nach außen wie nach innen
von Andreas Görgen
Erschienen in: Zeitgenoss*in Gorki – Zwischenrufe (03/2023)
Demokratie lebt von Diversität im Inneren und Weltoffenheit nach außen. Auf Kunst und Kultur kommt es dabei entscheidend an: Es sind unsere Erzählungen, die bestimmen, welches Bild wir uns von der Welt machen und ob auch andere Erzählungen Gehör finden. Das postmigrantische Theater ist in diesem Sinne zukunftsweisend, indem es überkommene Wahrnehmungsmuster und Strukturen aufbricht. Zum einen dadurch, dass sowohl seine Themen als auch die Besetzung die Realität des Einwanderungslands Deutschland und damit die Vielfalt unserer Gesellschaft spiegeln. Damit leisten Shermin Langhoff und ihr diverses Team Pionierarbeit. Denn während hierzulande zwar die Programmatik der Kultur immer diverser wird, ist die Gruppe derjenigen, die diese Programmatik realisieren soll, nach wie vor erstaunlich homogen. Institutionen werden aber erst durch interne Diversität – der Akteurinnen und Akteure wie auch des Publikums – wieder zu dem, was sie für eine demokratische Gesellschaft sein sollen: ein Resonanzraum, in dem verschiedene Perspektiven konstruktiv aufeinanderprallen und in dem dieses Aufeinanderprallen durch den Raum der Kunst geschützt wird.
Zukunftsweisend ist das postmigrantische Theater auch im Hinblick auf die internationale Dimension der Kulturpolitik. Auswärtige Kulturpolitik sollte keiner Exportlogik homogener kultureller Produkte folgen, sondern es geht darum, eine Ästhetik der Diversität unseres Landes nach außen wie nach innen zu vermitteln....