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Mehr als nur ein Dokument
Die Oper „Lanzelot“ von Paul Dessau und Heiner Müller erstmals in einer CD-Edition
von Thomas Irmer
Erschienen in: Theater der Zeit: Neue Dramatik (03/2023)
Ein Klassiker der modernen Oper, allerdings mit einer sehr überschaubaren Aufführungsgeschichte. „Lanzelot“ wurde 1969 an der Berliner Staatsoper in der Regie von Ruth Berghaus uraufgeführt, das Libretto der mehrschichtigen Diktaturparabel schrieb Heiner Müller unter Mitarbeit seiner späteren Frau Ginka Tscholakowa. Die Vorlage lieferte Jewgeni Schwarz‘ Theaterstück „Der Drache“, das da bereits vier Jahre mit großem Erfolg in der Inszenierung von Benno Besson am Deutschen Theater gespielt wurde (auch aktuell in Hildesheim zu sehen, s. tdz.de). Wollte man nach einem exemplarischen Stoff in der Theatergeschichte der DDR suchen, so würde man den „Drachen“ unbedingt in Betracht ziehen. Sein Theaterleben brachte es auf 580 meist ausverkaufte Vorstellungen, während die vor allem im Orchesterapparat und mit dreißig Solopartien ungeheuer aufwendige Oper lediglich noch einmal in Dresden nachinszeniert wurde (nach der einzigen westdeutschen Inszenierung in München). Heiner Müllers Text lebte indes als „Drachenoper“ fort und erreichte später hin und wieder die Schauspielbühnen, zuerst wiederum in Dresden 1988.
Als das Nationaltheater Weimar 2019 die Neuinszenierung von „Lanzelot“ in der Regie von Peter Konwitschny ankündigte, durfte das als sensationell gewertet werden. Die Frage war aber auch, wie sich das Werk in einer ganz anderen Zeit interpretatorisch fassen ließe, denn als Diktaturparabel hatte es nun eher retrospektiven...