Theater der Zeit

Vorwort

von Lisa Paus

Erschienen in: ixypsilonzett: Wie macht Ihr das?! – Zahlen und Daten zur wirtschaftlichen und sozialen Lage der Freien Kinder- und Jugendtheater in Deutschland (10/2023)

Foto: Laurence Chaperon

Anzeige

Liebe Theaterschaffende, liebe Leser*innen,

„trau dich, trau dich ... auch wenn es daneben geht. Trau dich, trau dich … es ist nie zu spät!“ Diese Zeilen gehen mir sofort durch den Kopf, wenn ich ans Theater für junge Menschen denke. Sie stammen aus einem Klassiker des Berliner Grips Theaters, einem Lied für Mutige und Ängstliche und alle dazwischen.

Mutig, ängstlich oder irgendwo dazwischen verortet sich jedes Kind. Im Theater hat es die Chance, sich selbst zu reflektieren, sich in Beziehung zum Gezeigten zu setzen. Gerade das Theater ist der Ort, an dem Kinder und Jugendliche mehr Mut und ihre eigene Stimme entdecken können. Und das ist prägend und ermutigend! Denn Kinder und Jugendliche haben das Recht auf Kulturelle Teilhabe und Mitgestaltung – unabhängig davon, ob sie in der Großstadt oder auf dem Land aufwachsen, wie viel ihre Eltern verdienen, ob sie eine Beeinträchtigung haben oder nicht.

Diese Zugänge schaffen zum großen Teil die Freien Kinder- und Jugendtheater in der gesamten Bundesrepublik – und mit Ihnen die Menschen, die für und mit Kindern und Jugendlichen kreativ sind: die Regisseur*innen, die Darsteller*innen, die Theaterpädagog*innen, die künstlerischen Leiter*innen und viele mehr. Ihr Beitrag zur Kulturellen Bildung für junge Menschen ist unersetzlich und dafür danke ich allen Theaterschaffenden ausdrücklich! Fachlich unterstützt werden sie durch das Kinder- und Jugendtheaterzentrum in der Bundesrepublik Deutschland (KJTZ). Das Bundesjugendministerium hat es 1989 eingerichtet und fördert es seitdem. Das KJTZ schafft Austausch und Begegnungen, fördert den Wissensaustausch zwischen den Akteur*innen der Darstellenden Künste – und setzt sich dafür ein, dass Kinder und Jugendliche mitgestalten.

Theater erleben, Theater gemeinsam machen – das war während der Coronapandemie zeitweise unmöglich. Häuser mussten schließen, Stücke neu arrangiert oder aus dem Programm genommen werden, mobile Theatergruppen konnten nicht touren. Was haben wir aus dieser Zeit gelernt? Was brauchen Kinder- und Jugendtheater in Zukunft, um ihrem Auftrag gerecht zu werden? Darüber gibt die Auswertungsstudie des Förderprogramms Neustart Kultur – Junges Publikum Aufschluss. Sie wurde mit Spannung erwartet – dieses Heft stellt die Ergebnisse vor.

„Kunst und Kultur ermöglichen es uns, gemeinsam mit Kindern und Jugendlichen unsere Phantasie zu nutzen, um eine Welt zu schaffen, in der wir gemeinsam besser leben.“ So steht es im Manifest der ASSITEJ, der Internationalen Vereinigung des Theaters für Kinder und Jugendliche. Das Manifest ist während der Corona-Pandemie entstanden. Gerade in Krisenzeiten ist der Zusammenhalt zwischen den Generationen, der gemeinsam in die Zukunft gerichtete Blick so wichtig. Gerade angesichts der Klimakrise, des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine und seiner weitreichenden Folgen sollten wir Kinder und Jugendliche in die Entscheidungen, die sie heute und in Zukunft betreffen, besser einbeziehen – um gemeinsam an einer Zukunft zu arbeiten, die für alle lebenswert bleibt.

Als Bundesjugendministerin ist es mir sehr wichtig, dass sich junge Menschen einbringen können. Dafür habe ich das Bündnis für die junge Generation gegründet. Mit dem Zukunftspaket für Bewegung, Kultur und Gesundheit machen wir jungen Menschen Mut, ihre eigenen Ideen in die Tat um zusetzen. Zudem will ich sie besser beteiligen – und mit einem Nationalen Aktionsplan die Kinder- und Jugendparlamente auf kommunaler Ebene weiter stärken. Im Koalitionsvertrag ist das Wahlalter 16 vereinbart. Dafür setze ich mich mit aller Kraft ein – damit die Stimme der Jugend mehr zählt!

„Trau dich, trau dich … dann könnt ihr bald viele sein … trau dich, trau dich … du bist nicht allein!“ Diese Zeilen von Volker Ludwig machen heute genauso viel Mut wie vor 48 Jahren. Sie zeigen die emanzipatorische Kraft des jungen Theaters – eine Kraft, die wir in herausfordernden Zeiten mehr denn je brauchen. 

Ich wünsche Ihnen eine spannende Lektüre dieser Sonderausgabe der ixypsilonzett.

Ihre

teilen:

Assoziationen

Neuerscheinungen im Verlag

Die „bunte Esse“, ein Wahrzeichen von Chemnitz
Alex Tatarsky in „The Future Is For/ Boating“ von Pat Oleszkos, kuratiert von ACOMPI für die Galerie David Peter Francis, Juni 2024, vor dem Lady Liberty Deli im St. George Terminal, Staten Island, New York