Wolken.Heim war 1988 Elfriede Jelineks Durchbruch auf dem Theater – mit einer Thematik, die auch heute wieder vermehrt in den Raum gestellt wird. Im Anschluss an die Aufführung der Leipziger Inszenierung1 diskutierte Jens Bisky mit dem Historiker Herfried Münkler sowie dem Publizisten Robert Misik über Orientierungssuchen in der Vergangenheit, Debatten der Gegenwart und Konstruktionen deutscher Identität.
Bisky: Wir wollen uns heute der abschließenden Klärung einer nicht zu klärenden Frage widmen: Was ist deutsch? Das Thema ist wieder aktuell: Was macht Identität aus? Was ist Heimat? Und welcher Minister kümmert sich darum?
Mir sind während der Aufführung Wolken.Heim zwei Sachen aufgefallen. Es wird im Stück immer gesagt: Wir bleiben hier! Das ist 1989, wenn ich mich richtig erinnere, eine Losung der Demonstranten in der DDR gewesen, was Elfriede Jelinek noch gar nicht wissen konnte, weil das Stück vor der Revolution von ’89 Premiere hatte.
Und es wird sehr viel von einem inneren Vaterland gesprochen, der Frage „Wer ist ‚wir‘?“. Einer meiner Lieblingssätze über Deutschland stammt von Thomas Mann. Er diktiert ihn den Journalisten, die ihn in New York erwarten, am 21. Februar 1938: Where I am, there is Germany – Wo ich bin, ist Deutschland. Man kann das also...