Wie man die Wünsche beim Schwanz packt!
von Anna Eiermann
Erschienen in: Lektionen 6: Kostümbild (06/2016)
Lang ist es her: Ich war in Paris und traf auf Cidalia. Und die sagte: „Moi, je veux faire des costumes de théâtre.“ Dass es so etwas überhaupt gibt, war mir bis dahin gar nicht in den Sinn gekommen. Cidalia arbeitete damals für einen Fundus, der sich in der Nähe der alten Pariser Markthallen befand, damals standen sie noch und warteten auf ihren Abriss. Wir stiegen ein paar Treppen hoch und landeten in einer textilerfüllten Dunkelheit, fast einer Dickens‘schen Welt. An der Tür empfingen uns zwei wunderbare Gestalten: ein sehr zierlicher, femininer und hocheleganter älterer Marokkaner neben einer unglaublich dicken, schreiend bunt gekleideten, hochblondierten, mittelalten Spanierin. Das Ganze gehörte wohl einer exilierten russischen Großfürstin, die, als sie einmal Cidalia eine Metrofahrkarte erstatten sollte, aber jegliches Wechselgeld fehlte, ihr eine Hundert-Francs-Note in die Hand drückte und wahrhaft „keep the change“ sagte. Ach, oh, ich badisches Provinzmädchen, die ich so viele Dostojewski-Romane gelesen hatte!, und dann kamen wir zuletzt auch noch in einen kleinen Raum, schmal, Gang in der Mitte, doppelstöckig hingen dort Kostüme. „Anna“, sagte Cidalia, „hier hängen nur chinesische Kostüme aus dem 16. Jahrhundert.“ Das wars. Eine Welt, eine neue Welt. Das wollte ich auch machen. Unbedingt.
Nun gibt es...