Sie machen Theater an einem ungewöhnlichen Ort: oben auf der Schwäbischen Alb, in dem 950-Seelen-Dorf Melchingen, in einer umgebauten Bauernscheune. Aus wilden Anfängen hat sich da in über 35 Jahren etwas Einmaliges entwickelt: das Theater Lindenhof, das einzige Regionaltheater im Südwesten. Es spielt in ganz Baden-Württemberg und gastiert zuweilen auch am Berliner Ensemble, bei Theater der Welt oder bei den Ruhrfestspielen. Typisch für die Lindenhöfler sind ihre ortsgeschichtlich inspirierten Freiluftspektakel, wenn sie mit dem Publikum Landschaften, Plätze, Gassen und Städte erkunden und mit Theater verzaubern.
Theater als gemeinsame, selbstbestimmte Lebensform – das war einst der große Traum der jugendlichen Amateurspieltruppe um Uwe Zellmer, Bernhard Hurm und Dietlinde Ellsässer, die 1981 aus den Städten hinaus aufs Land strebte, beflügelt vom Hölderlin-Appell „Komm! ins Offene, Freund!“, und dort oben auf der Alb, in Schwäbisch-Sibirien, aufklärerisches Volkstheater machte – kantig, zuweilen hart, aber auch anarchisch, poetisch: vom mundartlich gefärbten „Entaklemmer“, einer Molière-Variante von Thaddäus Troll, über Shakespeare und Schiller bis Horváth und Brecht, Lausund und Ringsgwandl.
Der große Quantensprung in der Lindenhof-Historie war das erste Tübinger Sommertheater 1986 – ein Theaterspaziergang zum Thema Friedrich Hölderlin. 42 Aufführungen, 12 500 Zuschauer: ein Ereignis. Noch in der Wiederaufnahme 1993 stürzte sich der Dichter allabendlich in...